Am 22. Juni 1941, 3.05 Uhr, trat die 122. Infanterie Division im Rahmen der XXVIII AK in vorderer Linie über den Ostfluß an zum Angriff und Durchbruch gegen die russischen Grenzbefestigungen. Der Durchbruch führte nach schweren Kämpfen gegen einen zäh und verbissen kämpfenden und äußerst geschickt im Gelände zur Abwehr gegliederten Gegner zur fast völligen Vernichtung der 5. russischen Division. Noch in den Abendstunden des zweiten Kampftages trat die Division nach Erreichen der Waldränder ostwärts Griskabudis zur Verfolgung auf das Waldgebiet auf den Njemen an und erreichte diesen nach ungeheueren Marschanstrengungen am 24. Juni früh.
An den nachfolgenden Tagen bis zum 8. Juli 1941 wurde der Vormarsch ohne Unterbrechung durch Litauen und Lettland bis an die ehemalige russische Grenze bei Rosenow fortgesetzt. Am 9. Juli trat die Vorausabteilung beim Übertritt über die Grenze erneut in Feindberührung. In der nun folgenden Zeit bis zum 30.7. fanden fast täglich schwere Kämpfe der einzelnen Regimenter statt. Der Feind leistete auch hier erbitterten Widerstand und ging zum Teil zu Gegenangriffen über. In scharfem Zupacken gelang es allen drei Regimentern‚ den Feind überall dort zu werfen, wo er sich stellte. Die Kämpfe des I.R.409 südostwärts Opotschka bei Aschewa und Beshanitzy des I.R.410 westlich Schozh und bei Staretje, sowie vom I.R.411 bei Dubrowski und nördlich Opotschka sind Marksteine der Division durch die sogenannte Stalin-Linie.
Nach Abschluß der Kämpfe in der Stalin-Linie, die durch Hitze und Staub höchste Anforderungen stellten, wurde die Division aus dem weiteren Vormarsch nach Norden heraus im Lastkraftwagentransport vorgeworfen, um südlich der Luga in Gegend nordostwärts Utergosch die 3. I.D. (mot.) abzulösen und sich im Verband des XXVIII Armeekorps für den Angriff auf die Luga-Stellung bereitzustellen.
In 8-tägigem Ringen gegen einen mit fanatischer Verbissenheit und bis zur Selbstaufopferung kämpfenden Feind, der sich aus besonders ausgewählten, zuverlässigen Angehörigen der Kirow-Werke (2. Div. der Leningrader Volkserhebung) zusammensetzte, wurde die Luga-Stellung durchbrochen, und die Voraussetzungen für den weiteren Vorstoß an und über den
Orjedjesh geschaffen. Im Zusammenwirken mit dem XIII. Fliegerkorps des General von Richthofen und im engen Zusammenarbeiten mit der 121. I.D. wurde der Feind südlich der Luga bis zum 13.8. geworfen und der Übergang am 14.8. errungen! In rücksichtslosem Vorwärtsdrang stießen die Regimenter 411 und 410 weiter nach Norden vor, während das verst. I.R.409 unter Führung von Oberst v. Wickede die weiterhin zäh verteidigte und stark befestigte Luga-Stellung nach Nordwesten in einer Breite von 17 km aufrollte. Ohne Rücksicht auf die stets bedrohte Nordflanke stieß Wickede unaufhaltsam vor und vernichtete, auf sich allein gestellt, am 15. und 10. 8. in 2-tägigem Ringen den in stark ausgebauten Stellungen Widerstand leistenden Feind am Nordufer der Luga. Über 30 Bunker modernster Art — zum Teil mit versenkbarer Kuppel — wurden genommen, 558 Gefangene und viel Material erbeutet, u.a. 7 Geschütze 7,62 cm, 3 Schnellfeuergeschütze, 10 Bunkergeschütze, 1 Pak, 3 Flammenwerfer, 8 MGs, 280 Minen aufgenommen und 600 gekennzeichnet.
Die blutigen Verluste des Feindes sind sehr hoch. In schweren Straßenkämpfen konnte sich I.R.411 am 10.8. in den Besitz des Eisenbahnknotenpunktes Dubzy setzen, das der Feind sehr zäh verteidigte. Am 17.8. wurden im gemeinsamen Angriff der I.R.410 und 411 die Voraussetzungen geschaffen zum Stoß nach Norden.
In zwei Tagen stieß die Division trotz überall auftretenden Wiederstandes und dauernder Flankenbedrohung nach Norden vor und erreichte nördlich Orjedjesh den Seenabschnitt gleichen Namens. Sofortige Übergangsversuche über diesen breiten Abschnitt scheiterten am heftigen Widerstand am Nordufer. Die Division stieß daher mit I.R.410 und 411 am 21. und 22.8. südlich des Abschnittes nach Westen vor, um den Übergang bei Satulenje zu erzwingen. Brücke bei Satulenje vom Feind gesprengt, so daß der Übergang scheiterte. Während des 22.8. hatte das I.R.409 nordostwärts Orjedjesh die Seen nach Norden überschritten, nachdem es ein Bataillon. der 96. I.D. ermöglicht hatte.
In den beiden folgenden Tagen erkämpften sich die I.R.409 und das bei Pawschino am 23.8. über den Abschnitt geführte I.R.410 unter Überwindung schwieriger Geländeverhältnisse, die das Mitführen schwerer Waffen fast unmöglich machte, und bei stärksten Feindwiderstand das Nordufer des Orjedjesh-Abschnittes bis in Höhe Satulenje. Die Kämpfe sind gekennzeichnet durch ständige Flankenbedrohung vom Norden her. Immer wieder gelang es dem Feind, mit Panzern hinter der kämpfenden Truppe vorzustoßen und die rückwärtigen Verbindungen der Regimenter abzuschneiden. Trotz dieser Krisen ging es nach Westen weiter vor. So gelang es der Division, am 25.8. unter Einsatz der drei Regimenter weiterhin in Richtung Sselzy Raum zu gewinnen. In Auswirkung dieses Vorwärtskommen auf dem Nordufer des Orjedjesh-Abschnittes fiel am 25. 8. die Festung Luga in die Hand des Armeekorps Die Aufgabe der Division war damit erfüllt. Sie wurde nach Ablösung durch SS-Polizei-Division in Richtung Leningrad abgedreht.
Nach erneutem Vorwerfen von Teilen der Division auf LKW aus dem Vormarsch heraus erfolgte in der Zeit vom 1.-8.9.1941 der Vorstoß zur Newa im Rahmen des XXXIX. Armeekorps, der zur Einnahme von Schlüsselburg führte. Die Wegnahme des feindlichen Brückenkopfes an der Newa ostwärts Petrushino ist in erster Linie durch das Eingreifen des I.R.409 ermöglicht worden. Die Kämpfe, die auch hier im dichten Waldgelände geführt wurden, stellten an die stark geschwächte Division hohe Anforderungen.
Anschließend an diese Kämpfe beteiligte sich die Division mit I.R.409 und 410 am Durchbruch durch die Oshers-Stellung. Auch hier stießen die Regimenter auf stark befestigte und zäh verteidigte Stellungen. Bei diesen Kämpfen fiel Oberstleutnant Klotz als dritter Kommandeur des I.R.410, dessen beide Vorgänger am Orjedjesh gefallen waren. Bei dem Vorstoß über die Ishora und die Verengung des Ringes um Leningrad bei Kolpino vom 15. bis 17.9. ging die Division südostwärts Kolpino zur Abwehr über und übernahm einen Abschnitt des Ringes um Leningrad für sechs Monate (bis zum 6.3.1942).
In dieser infolge der geringen Gefechtsstärke nur dünn besetzten Stellung (12 km breit) wehrte die Division insgesamt 167 Feindangriffe, sowie zahllose Stoßtruppunternehmen ab. Darüber hinaus konnten etwa 60 Bereitstellungen zum Angriff zerschlagen werden. Wo es dem Feind infolge seiner mehrfachen Übermacht gelungen war durchzudringen, wurde er im Gegenstoß zurückgewiesen. Es ist ihm nicht gelungen, den Graben zu gewinnen. Besonders hervorzuheben sind.
der Oktoberausfall vom 3. – 14.10.1941
der Novemberausfall vom 3.11. – 1.12.1941
Die Division stand wochenlang im Brennpunkt der Ereignisse. In mehreren Wellen, tief gestaffelt, griff der Feind mit starker Panzerunterstützung Tag für Tag und nach Artillerie-Vorbereitung, wie sie bisher nur aus dem Weltkrieg bekannt war, an. Die zahlenmäßig ermittelten Feindverluste betragen allein bei den Oktober-Angriffen 11.000 Mann, im November 12.000 Mann Die blutigen Gesamtverluste werden auf das Doppelte geschätzt.
Die stolzen Abwehrerfolge der Division vor Leningrad sind neben der Standfestigkeit der Infanterie vor allem dem Wirken der Artillerie zu verdanken.
Am 11.11.1941 wurden allein 333 t Artillerie-Munition verschossen. In den Abwehrkämpfen vor Leningrad wurden vor der Front der Division allein 104 Panzer abgeschossen, 11 Geschütze, 56 MG, 8 Pak, 28 Granatwerfer erbeutet und 4.800 Gefangene gemacht.
Insgesamt führte der Feind acht immer wieder aufgefüllte Stoßdivisionen gegen die Front unserer Division besonders gegen Iwanowskoje. Der Division war es während des ganzen Feldzuges nicht vergönnt, an großen Vernichtungsschlachten teilzunehmen, so daß das Gesamtergebnis verhältnismäßig gering ist und umso schwerer erkämpft wurde.
Seit dem 22.6.1941 beträgt die Beute:
- 8.217 Gefangene
- 59 Geschütze
- 154 Panzer
- 5 Spähwagen
- 17 Pak
- 136 MG
- 35 Granatwerfer
Eigene Verluste:
- 1.979 Tote
- 7.565 Verwundete
Beginnend mit dem 5.3. erfolgte der Abtransport der Division um unter Führung der Stoßtruppe Seydlitz an den Kämpfen zur Verteidigung mit dem um Demjansk eingeschlossenen II. Armeekorps teilzunehmen. Im Rahmen dieser Kämpfe griff I.R.410 am 1.4.42 unter schwierigsten Verhältnissen an und besetzte nach hartem Kampf Ssytschewo.
Seit diesem Tage liegt die Division zur Sicherung der Nordflanke Seydlitz in der Abwehr. I.R.411 hat Auftrag, den Durchbruch nach Cholm zu erkämpfen.
Quelle: Vereinigung Angehöriger der ehemaligen 122. (Greif) Inf.-Division, Nr. 15, August 1957